Liturgie vom Hauch: Unterschied zwischen den Versionen

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*    Text des Liedes: http://www.musicanet.org/textes/01/058.htm
 
*    Text des Liedes: http://www.musicanet.org/textes/01/058.htm
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<i>Im Titel steckt einiges vom Inhalt Die sechs Strophen dieses Liedes von Brecht/Eisler aus dem Jahr 1930 werden in Form einer Liturgie vorgetragen, allerdings von Eisler
 
<i>Im Titel steckt einiges vom Inhalt Die sechs Strophen dieses Liedes von Brecht/Eisler aus dem Jahr 1930 werden in Form einer Liturgie vorgetragen, allerdings von Eisler
 
auf satirisch schroffe Art fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. „Hauch" bezieht sich auf das berühmte Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh" mit den Zeilen „In
 
auf satirisch schroffe Art fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. „Hauch" bezieht sich auf das berühmte Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh" mit den Zeilen „In
allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch". Bestandteile dieses Gedichts bilden den Refrain. Den Strophen, die über soziale Verelendung und Brutalisierung der Gesellschaft berichten, wird die Natur/dylle des Goethe-Gedichts entgegengestellt. Sie wird durch musikalische Romantisierung und Wortumstellungen als hohl und phrasenhaft denunziert. Dies zielte auf den damals verbreiteten Goethe-Kult, mit dem sich die intellektuellen Schichten des Bürgertums in die Innerlichkeit zurückzogen. Zweimal wird der Refrain eingeleitet mit „Darauf schwiegen die Vöglein im Walde". Das heißt auf die geschilderten Zustände reagieren die „Humanisten" mit Schweigen — bis schließlich mit Polizeistimme diese bürgerliche Kultur selber zum Schweigen gebracht wird („So, jetzt schweigen die Vöglein im Walde.“). Den Ausweg kann wohl nur, so die satirische Schlussfolgerung Brechts, „ein großer roter Bär” bringen, der dann auch die Vöglein wieder zum Singen bringt. Das heißt — wie Eisler an anderer Stelle sagte — „Erst wenn wir gesiegt haben, wird ein Vogelruf im Wald sein".</i>
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allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch". Bestandteile dieses Gedichts bilden den Refrain. Den Strophen, die über soziale Verelendung und Brutalisierung der Gesellschaft berichten, wird die Naturidylle des Goethe-Gedichts entgegengestellt. Sie wird durch musikalische Romantisierung und Wortumstellungen als hohl und phrasenhaft denunziert. Dies zielte auf den damals verbreiteten Goethe-Kult, mit dem sich die intellektuellen Schichten des Bürgertums in die Innerlichkeit zurückzogen. Zweimal wird der Refrain eingeleitet mit „Darauf schwiegen die Vöglein im Walde". Das heißt auf die geschilderten Zustände reagieren die „Humanisten" mit Schweigen — bis schließlich mit Polizeistimme diese bürgerliche Kultur selber zum Schweigen gebracht wird („So, jetzt schweigen die Vöglein im Walde.“). Den Ausweg kann wohl nur, so die satirische Schlussfolgerung Brechts, „ein großer roter Bär” bringen, der dann auch die Vöglein wieder zum Singen bringt. Das heißt — wie Eisler an anderer Stelle sagte — „Erst wenn wir gesiegt haben, wird ein Vogelruf im Wald sein".</i>

Version vom 21. März 2018, 02:30 Uhr


Komponist: Hanns Eisler

Aufführung

Text

Unser Kommentar

Im Titel steckt einiges vom Inhalt Die sechs Strophen dieses Liedes von Brecht/Eisler aus dem Jahr 1930 werden in Form einer Liturgie vorgetragen, allerdings von Eisler auf satirisch schroffe Art fast bis zur Unkenntlichkeit verfremdet. „Hauch" bezieht sich auf das berühmte Goethe-Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh" mit den Zeilen „In allen Wipfeln spürest du kaum einen Hauch". Bestandteile dieses Gedichts bilden den Refrain. Den Strophen, die über soziale Verelendung und Brutalisierung der Gesellschaft berichten, wird die Naturidylle des Goethe-Gedichts entgegengestellt. Sie wird durch musikalische Romantisierung und Wortumstellungen als hohl und phrasenhaft denunziert. Dies zielte auf den damals verbreiteten Goethe-Kult, mit dem sich die intellektuellen Schichten des Bürgertums in die Innerlichkeit zurückzogen. Zweimal wird der Refrain eingeleitet mit „Darauf schwiegen die Vöglein im Walde". Das heißt auf die geschilderten Zustände reagieren die „Humanisten" mit Schweigen — bis schließlich mit Polizeistimme diese bürgerliche Kultur selber zum Schweigen gebracht wird („So, jetzt schweigen die Vöglein im Walde.“). Den Ausweg kann wohl nur, so die satirische Schlussfolgerung Brechts, „ein großer roter Bär” bringen, der dann auch die Vöglein wieder zum Singen bringt. Das heißt — wie Eisler an anderer Stelle sagte — „Erst wenn wir gesiegt haben, wird ein Vogelruf im Wald sein".