Der zerrissene Rock

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Immer, wenn unser Rock zerfetzt ist
Kommt ihr gelaufen und sagt: so geht das nicht an 
Dem muss abgeholfen werden und mit allen Mitteln!

Und voll Eifer rennt ihr zu den Herren
Während wir, stark frierend, warten.
Und ihr kehrt zurück, und im Triumphe
Zeigt ihr, was ihr habt für uns erobert:
Einen kleinen Flicken.
Gut, das ist der Flicken
Aber wo ist
Der ganze Rock?
Immer wenn wir vor Hunger schreien
Kommt ihr gelaufen und sagt: so geht das nicht an
Dem muss abgeholfen werden und mit allen Mitteln!
Und voll Eifer rennt ihr zu den Herren
Während wir, voll Hunger, warten.
Und ihr kehrt zurück, und im Triumphe
Zeigt ihr, was ihr habt für uns erobert:
Ein Stück Brot.
Gut, das ist das Stück Brot
Aber wo ist
Der Brotlaib?

Wir brauchen nicht nur den Flicken
Wir brauchen den ganzen Rock.
Wir brauchen nicht nur das Stück Brot
Wir brauchen den Brotlaib selbst.
Wir brauchen nicht nur den Arbeitsplatz
Wir brauchen die ganze Fabrik.
Und die Kohle und das Erz und
Die Macht im Staat.

So, das ist, was wir brauchen,
Aber was
Bietet ihr uns an?

„Der zerrissene Rock" ist ein Stück aus der Kantate „Die Mutter", die Eisler zu Brechts gleichnamigen Bühnenstück schrieb.

Die Arbeiter*innen lehnen die unzulänglichen Zugeständnisse der Unternehmen, die opportunistische Gewerkschaftsführer ausgehandelt haben, ab. Die Ablehnung wird zweimal im erregten Gestus in einstimmigem prosaischen Sprechgesang mit unregelmäßiger Metrik vorgetragen und mündet jeweils in einem kurzen, lieblich anmutendem Rezitativ, der das karge Ergebnis („einen kleinen Flicken" und „ein Stück Brot“} verhöhnt. Danach kommen die weiter gehenden Forderungen, nun zum Eislerschen, das heißt akzentuierten, beinahe heiteren Marsch , auf den Tisch: vom ganzen Rock über den Brotlaib bis zur Macht im Staat.